Setzen wir die richtigen Schwerpunkte bei der Smart City?

Der Zukunftsforscher Oliver Leisse über Konzepte einer vernetzten Stadt.
 

Von Oliver Leisse, 3. März 2022

Bislang haben wir uns bei der Konzeption der künftigen Smart City in erster Linie um die Effizienz und Convenience der Bewohner gekümmert: Alles läuft immer besser, ich muss mich selbst um nichts mehr kümmern. Geringe Heizkosten sind beispielsweise durch optimale Temperatursteuerung sichergestellt. Dank intelligenter Beleuchtungskonzepte gibt es keine dunklen Ecken mehr in der Stadt. Hohe Sicherheit wird durch Predictive Prevention von Straftaten gewährleistet. Es gibt immer befüllbare Mülleimer, weil diese sich bei der Verwaltung melden, wenn sie sich der Kapazitätsgrenze nähern. Brände werden durch automatisierte Drohnen-Patrouillen oder IoT Vernetzung mit Rauchsensoren verhindert. Parkplatzsorgen gibt es nicht mehr. 

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shansekala / iStock
 

Am Ende steht die perfekt verwaltete Stadt

Energieeffizient, sicher und vernetzt. Aber wird das in Zukunft reichen? Die Städte sind im Wettbewerb. Sie brauchen Zuzug, um zu wachsen, sich weiterzuentwickeln und sich zu finanzieren. Welche Stadt ist anziehend, wenn autonomes Fahren die Bürger einer älter werdenden Gesellschaft immer mobiler macht? Wie wollen künftige Generationen leben und arbeiten? Welche Smart City bietet mehr als eine smarte und effiziente Verwaltung, nämlich kreative Angebote, eine ganz besondere Stimmung oder andere qualitative Highlights? Wichtig sind daher auch die emotionalen Faktoren.

Worauf kommt es jetzt an?

Commitment Wofür steht eine Stadt? Was ist ihre Mission? Was für eine Aufgabe übernimmt sie: Sharing für alle? Hilfe für die Alten? Die prekären Haushalte? Die Kinder? Oder ist es eine Stadt, in der Bildung großgeschrieben wird?

Creativity  Was ist das Erlebnisangebot, das meine Smart City bietet? Gesucht wird die kreative Evolution. Kunst, Kultur, Musik, Festivals, Essen… (Ein Beispiel ist die Hawker Kultur in Singapur.)

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Connection Ein großes Problem ist die zunehmende Einsamkeit. Es gibt immer mehr Single-Haushalte in allen Altersgruppen. Die Smart City der Zukunft kennt keine Einsamkeit, die Bewohner werden einbezogen, integriert, dürfen mitmachen. Kleinere Wohnräume, dafür große Gemeinschaftsbereiche, um sich zu treffen und auszutauschen. Inklusion wird gelebt.

Wer soll das finanzieren?

Durch die hocheffiziente Technologie der Smart Cities werden im Bereich Energie (Heizung, perfektionierte Infrastruktur etc.) enorme Kosten gespart. Die Einsparungen sollten an die Mieter im Wohn- und Arbeits-Umfeld weitergegeben werden. So ist auch ein Einhalten von Klimazielen möglich. Hinzu kommt, dass, wenn in der Smart City das qualitative Angebot rund um Wohnen und Arbeit zunimmt, der Wohnraum kleiner, aber der öffentliche Raum größer wird. Es entstehen mehr Parks, Natur und Erlebnis-Flächen und zwar dort wo es früher Tankstellen und Parkhäuser gab.

Ein Beispiel: New Work

So gibt es in der Smart City drei Arbeitsräume:

Das klassische Büro In dem man von Zeit zu Zeit zusammenkommt, um Arbeitserfahrungen auszutauschen, Strategien zu schärfen und den emotionalen Zusammenhalt zu fördern.

Das Arbeiten zu Hause Hier wird es mehr Technik, gesunde Möbel etc. geben, die das Arbeiten zu Hause weiter optimieren.

Neue und kreative „Third Places“ Als dieser Begriff aufkam, war nur das Arbeiten in einem Coffeeshop wie Starbucks gemeint. In der Smart City der Zukunft kann ich an weiteren interessanten Orten arbeiten, denn sie sind inspirierend und für die Arbeit ausgerüstet: Im Park, auf öffentlichen Plätzen, Terrassen, in Bibliotheken, in der Unimensa, in Museen, in der Natur, in Buchläden, im Restaurant…Die Technik lässt es zu, dass man nun überall arbeitet.

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Fazit

Der aktuelle Schwerpunkt liegt bei der Smart City auf der Technik.  Aber neben der Effizienz müssen wir auch an die Entwicklung der emotionalen und kreativen Angebote denken. Ich schlage interdisziplinäre, diverse Teams vor, die gemeinsam genau daran arbeiten. Dann bekommt die Smart City neben Perfektion auch Persönlichkeit.

Über Oliver Leisse

Schon seit 1998 arbeitet Oliver Leisse als Trend- und Zukunftsforscher sowie Keynote-Speaker. Im Jahr 2008 gründete er SEE MORE, das Institut für Zukunft und innovative Strategien mit Mitarbeitern in 50 Metropolen. Gemeinsam mit seinem Team erforscht er aktuelle Consumer Insights auf Basis qualitativer ethnografischer Forschung und entwickelt neue Angebote, Marken und Zukunftsstrategien. Sein aktuell erschienenes Buch heißt: „So geht Zukunft“.

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